Zugegeben, wir jungen (Jugend-) Gemeinderäte sind in der Öffentlichkeit eher zurückhaltend gewesen in den letzten Monaten und Jahren. Was aber am Sonntag in den Pfullinger Hallen beim Bürgerempfang geschah, hat selbst uns den Mund offen stehen lassen. Wie Bürgermeister Schrenk körperliche Angriffe und schlimmste Bedrohungen auf Kommunalpolitiker, die es andernorts in Deutschland schrecklicherweise tatsächlich gegeben hat, mit der verbalen Kritik aus unserem Gemeinderat und von Pfullinger Bürgern vergleichen konnte, ist nicht begreifbar. Eigentlich ist es unsagbar. Wenn wir dann noch sein Verständnis der Aufgabenteilung zwischen Gemeinderat und Bürgermeister (BM), sowie seine Auslegung der Gemeindeordnung dazu nehmen, sind das die letzten eindeutigen Signale, wie grundsätzlich zerrüttet das Verhältnis zwischen BM und Gemeinderat ist. Dort steht unter anderem geschrieben: „Der Gemeinderat ist die Vertretung der Bürger und das Hauptorgan der Gemeinde. Er legt die Grundsätze der Verwaltung der Gemeinde fest [...] “.
Den Gemeinderat und den BM als gemeinsame Besatzung ein- und desselben Bootes zu sehen – das ist sicher keine verkehrte Metapher. Dann aber die Rollenverteilung so zu interpretieren, wie am Sonntag von der Bühne herab deklariert, dass es nämlich einen Kapitän und 22 Ruderer gebe – dieses Zerrbild wollen wir so nicht stehen lassen. 22 Ruderer (Gemeinderäte), die nach Anweisung des Kapitäns rudern sollen. Einfach nur befolgen. Unser Verständnis von kommunaler Mitbestimmung ist jedenfalls ein anderes.Oft haben wir in den vergangenen Tagen von Bürgern Sätze wie: „Es sind doch immer die gleichen, die öffentlich gegen den Bürgermeister hetzen“, oder: „Der Klaiber von der CDU hat wohl keine Unterstützung aus dem Gemeinderat, oder warum steht immer nur er in der Presse?“ gehört. Das stimmt nicht, ganz in Gegenteil. Selbstverständlich braucht jede Kritik jemanden, der diese -wenn auch teilweise für manchen Geschmack zu frontal- offen ausspricht. Und dies machen erfahrene Gemeinderatsmitglieder sicherlich häufiger und wirksamer, als etwa wir Jungen uns das trauen. Aber in diesem Gemeinderat sitzen 22 Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerschaft, die mittlerweile nahezu alle an einem Strang ziehen. Es sind nicht nur manche wenige oder gar einzelne Gemeinderatsmitglieder, die ihre Kritik an der Führungsarbeit des BM und des Hauptamts äußern. Allein die zurückliegende Haushaltsberatung ist eine Demonstration dafür gewesen, wie einig die Fraktionen in dieser Frage zusammen stehen. Natürlich möchten wir keineswegs abstreiten, dass in den letzen Jahren sicherlich auch gute Arbeit auf dem Rathaus geleistet wurde. Allerdings haben sich die Spannungen aufgrund der Art und Weise, wie Manches angegangen wurde, immer mehr aufgeschaukelt und wir hoffen, dass sich die Wogen wieder zu einem konstruktiven Miteinander glätten.
Auch hören und lesen wir immer wieder davon, dass man sich doch an einen Tisch setzen, diese Probleme einfach intern lösen und dann wieder gemeinsam an einem Strang ziehen solle. Leider ist es oft in politischen Debatten so, dass die Öffentlichkeit nicht die ganze Historie der Auseinandersetzung mitbekommt. Da wir nicht aus Streitlust diesen Text verfasst haben, sondern um den Bürgerinnen und Bürgern Pfullingens Hintergrundinformationen zu geben, welche in einigen Gesprächen immer wieder gewünscht wurden, sei zur Vollständigkeit der Geschichte Folgendes gesagt: Es wurden von Seiten des Gemeinderates unzählige Versuche unternommen – in nichtöffentlichen Sitzungen, in Telefonaten, in Fraktionsvorsitzendenrunden, in einer Meditation, in öffentlichen Sitzungen –, um mit der Hauptamtsleitung und dem BM die unterschiedlichen Problemstellungen in Gesprächen und im Miteinander zu lösen. Leider führten diese Versuche oft ins Leere und scheiterten – sicherlich nicht, weil wir im Gemeinderat nicht dazu bereit gewesen wären.
Und auch dem Jugendgemeinderat wird die Arbeit nicht erleichtert, wenn von Seite der Stadtverwaltung Informationen zu jugendpolitischen Themen aufgrund mangelnder Kommunikationsbereitschaft vorenthalten werden.Kritikfähigkeit ist die Fähigkeit, Kritik anzuhören und konstruktiv umzusetzen. Wir denken - auch mit weniger Lebenserfahrung als andere -, dass ein BM und eine Hauptamtsleiterin einer Stadt unserer Größe dies in besonderem Maße leben sollte - selbstverständlich ist diese Fähigkeit für eine konstruktive Zusammenarbeit genauso wichtig für Mitglieder des (Jugend-) Gemeinderats.
Jedoch hilft es daher nicht, den Gemeinderat immer wieder als Buhmann zu präsentieren. Und genauso ungünstig ist es, friedlich demonstrierenden Bürgern, die ein ehrliches Anliegen vertreten, die Polizei als Gesprächspartner zu schicken, anstatt selbst vor die Tür zu treten und den Dialog zu suchen.
Zuletzt ist auch fraglich, ob die Interpretation einer Mitarbeiterumfrage über das angeblich gute Arbeitsklima unter den städtischen Mitarbeitern, wie es am Sonntag vom BM beschrieben wurde, repräsentativ ist. Nicht nur jüngste Schlagzeilen über Kündigungen von Stadtmitarbeitern, sondern auch unser persönlicher Austausch mit städtischen Mitarbeitern –sei es privat oder im Zuge unseres Ehrenamts- zeigen ein anderes Bild.Wir jedenfalls werden weiter selbst denken, versuchen an einem Strang zu ziehen und nicht nur gedankenlos rudern. Wir wünschen uns, dass alle Verantwortlichen der Stadtverwaltung – sprich vor allem BM und Hauptamtsleiterin- wieder in erster Linie zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Pfullingen handeln, was unserer Meinung nach mit einem guten und konstruktiven Arbeitsklima innerhalb der Stadtverwaltung und besonders des (Jugend-) Gemeinderats beginnt. Und wir freuen uns über jeden und jede, der auf dieselbe Weise auch in Zukunft dabei mitarbeitet, dass uns Pfullingen weiterhin eine lebenswerte Heimatstadt bleibt.
Felix Mayer, Meike Schmied, Tobias Schwarz, Michael Schwarz
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