Der Gemeinderat berät in seiner Sitzung am 21. Dezember 2021 über den Doppelhaushalt für die Jahre 2022 und 2023. Die Rede von CDU-Fraktionschef Gert Klaiber können Sie hier im Wortlaut nachlesen. Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Wörner, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
die Kommunalpolitik in Pfullingen hat wieder Richtung und Ziel. Mit dem ersten Doppelhaushalt der Stadt Pfullingen liegt eine solide Grundlage für die Finanzierung der Verwaltung und für die in den Jahren 2022 und 2023 geplanten Investitionen vor. Wir waren mit dem vor einem Jahr in Eigenregie des Gemeinderats und der Verwaltung aufgestellten Haushalt für 2021 schon ganz gut unterwegs. Damals haben wir einige der zuvor liegen gebliebenen Projekten auf den Weg gebracht. Mit dem Doppelhaushalt 2022/2023 stellen wir jetzt die Weichen für die weitere Entwicklung der Stadt in den kommenden Jahren.
Danke und Respekt an Sie, Herr Bürgermeister Wörner und an Ihre für den Haushalt verantwortlichen Mitarbeiter, Frau Melzer und Herrn Baier, für das Zusammentragen der vielen Zahlen und für die Aufstellung des komplexen Plans. Sie haben es geschafft, Herr Wörner, in der kurzen Zeit seit Ihrem Amtsantritt, die zahlreichen Investitionsmaßnahmen zusammen mit Ihren Mitarbeitern nicht nur zu sortieren, sondern im Einvernehmen mit dem Gemeinderat auch zu priorisieren und trotz der schwierigen Rahmenbedingungen einen machbaren Plan zur Finanzierung aufzuzeigen. Weil das alles so passt und das Arbeitsprogramm der Verwaltung anspruchsvoll ist, haben wir auf weitergehende Anträge zu diesem Doppelhaushalt verzichtet.
Zu einigen wesentlichen Inhalten und Zahlen: Im Ergebnishaushalt sind die laufenden Einnahmen und Ausgaben einschließlich nicht kassenwirksamer Positionen wie der Auflösung von Investitionszuschüssen und Abschreibungen für den Substanzverzehr dargestellt. Der Ergebnishaushalt 2022 schließt nach dem ersten Planentwurf noch mit einem rechnerischen Minus. Ab 2023 wird ein positives Ergebnis prognostiziert. Die jüngsten Berechnungen der Verwaltung zu den Mittelzuweisungen und zum Finanzausgleich lassen ein gegenüber dem ersten Entwurf verbessertes Ergebnis erwarten. Verbleibende Fehlbeträge können mit den Überschüssen aus den Vorjahren ausgeglichen werden. Der Genehmigung des Doppelhaushalts durch die Kommunalaufsicht steht damit nichts entgegen.
Wesentliche Einflussfaktoren auf der Ausgabenseite des Ergebnishaushalts sind neben den Umlagen an den Kreis und das Land die Personalkosten und die Höhe der Abschreibungen aus den Investitionen. Darauf müssen wir in Zukunft besonders achten. Wir brauchen einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt, um das städtische Vermögen unter Berücksichtigung des Substanzverzehrs zu erhalten.
Im Finanzhaushalt sind die kassenwirksamen Einnahmen und Ausgaben dargestellt. Neben den Kosten der Verwaltung und dem Investitionsbedarf für Beschaffungen von der Kehrmaschine bis zur Software in der Verwaltung und für digitale Endgeräte in den Schulen, sind im Finanzhaushalt die Investitionsmittel zur Umsetzung der geplanten Baumaßnahmen eingestellt. Die zeitliche Reihenfolge der seit Jahren auf der Agenda stehenden Vorhaben wurde in der Klausurtagung des Gemeinderats Ende Oktober bestimmt.
Die Verwaltung hat mit der Festlegung eines von uns schon seit mehreren Jahren geforderten Kreditrahmens eine noch machbare Finanzierung der geplanten Investitionsvorhaben aufgezeigt. Zusammen mit den Rücklagen, erwirtschafteten Überschüssen und der konsequenten Nutzung von Zuschüssen hat die Verwaltung einen plausiblen Plan zur Finanzierung des Doppelhaushalts vorgelegt.
Projekte wie die Sanierung der Pfullinger Hallen, der Anbau an die Klosterkirche, der Rathausneubau, die Modernisierung des Eingangsbereiches der Kurt-App-Sporthalle, Maßnahmen zur Verbesserung der Lüftung in den Schulen, die Fertigstellung des Markplatzumbaus und endlich auch die Dachsanierung des Schlossgebäudes sind mit den wesentlichen Finanzierungsanteilen im Doppelhaushalt 2022/23 enthalten. Wir freuen uns, dass die Maßnahmen zur Modernisierung der Kurt-App-Sporthalle um ein Jahr vorgezogen werden und die Umsetzung für 2023 vorgesehen ist.
Im Doppelhaushalt 2022/23 sind Investitionen von insgesamt rund 30 Mio. Euro, davon rund 25 Mio. Euro für Baumaßnahmen vorgesehen. Die Finanzierung erfolgt mit rund 11 Mio. Entnahmen aus der Rücklage, Krediten in Höhe von 8 Mio. Euro sowie Zahlungsmittelüberschüssen aus dem Ergebnishaushalt und Haushaltsresten aus den Vorjahren. Das ist ein insgesamt strammer Plan und an der Grenze der Leistungsfähigkeit aller Beteiligten. Es wird vielleicht nicht alles ganz nach Plan verlaufen, der Aufbruch nach Jahren des Stillstands ist aber nötig. Das Gesamtvolumen des Haushalts beläuft sich auf rund 61 und 63 Mio. Euro in den Jahren 2022 und 2023.
Danke an das gesamte Team der Verwaltung für die hohe Motivation und den besten Erfolg bei der Umsetzung.
Weitere Projekte wie die grundlegende Sanierung des Schlossgebäudes, Instandsetzungen an der Wilhelm-Hauff-Realschule, der Umbau des Museums im Schlössle, die bauliche Erschließung des Gewerbegebietes „Unter den Wegen II“, die Instandsetzung der Auffahrt zum Übersberg, der Neubau des Bauhofs und einiges mehr sind in den Jahren ab 2024 vorgesehen.
Die heute absehbaren und in den kommenden Jahren geplanten Investitionen belaufen sich auf insgesamt mehr als 60 Millionen Euro. Durch konsequente Nutzung möglicher Zuschüsse fließt ein Teil dieser Investitionen nach der Fertigstellung der Maßnahmen in die Stadtkasse zurück.
Über die genannten Projekte hinaus gibt es noch einiges mehr zu tun in der Stadt. Die Erarbeitung eines Mobilitätskonzepts ist beauftragt, Entwicklungspläne für die Schulen und die Kindergärten stehen genauso auf der Agenda wie ein Masterplan für die Instandsetzung von Spielplätzen und Sportanlagen. Dazu kommt ab sofort das Kümmern um die Planung und die Kosten der Regionalstadtahn.
Die Umsetzung aller dieser Zielsetzungen erfordert nicht nur Geld, sondern auch ein qualifiziertes und engagiertes Team. Auch damit sind wir in den letzten Monaten gut vorangekommen. Die begonnene Umstrukturierung der Verwaltung wurde fortgesetzt, an einigen Stellen angepasst und zwischenzeitlich weitgehend abgeschlossen. Die meisten der über längere Zeit offenen Stellen sind oder werden gerade mit neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt. Für die Umsetzung der großen Bauprojekte wurde eine zusätzliche Stelle im operativen Bereich geschaffen. Das Team um Bürgermeister Wörner wurde in der Geschäftsstelle Gemeinderat, in der Pressestelle und in der Wirtschaftsförderung verstärkt. Dadurch wird es eine Verbesserung der Kommunikation und der Einbindung der Bürgerinnen und Bürger und den in Pfullingen ansässigen Gewerbetreibenden und Unternehmen geben, was bereits in vielerlei Hinsicht bemerkbar ist.
Ein Mitarbeiter der Verwaltung sagte neulich, mit Bürgermeister Wörner lasse sich prima zusammenschaffen, er habe nur manchmal den Fuß etwas zu stark auf dem Gas. Ich bin sicher, dass sich die Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung und mit dem Gemeinderat weiter so gut wie bisher entwickeln wird. Mehr Gas geben können wir an einigen Stellen auch durchaus gebrauchen.
Entscheidend für die Entwicklung der Stadt ist die Verfügbarkeit ausreichender
Flächen für Wohnungsbau und Betriebe. Wir sind besorgt über die massive bauliche Verdichtung in den gewachsenen Wohngebieten der Stadt. Diese Verdichtung darf dort nicht im bisherigen Maße weiterbetrieben werden, wo sie zu einer Verschlechterung der Wohn- und der Quartiersqualität führt. Wir müssen uns beim Angebot von Wohnraum mehr am Bedarf als an den Interessen von Geldanlegern und Investoren orientieren.
Dafür wird mehr bezahlbarer Wohnraum anstelle von hochpreisigen Wohnungen gebraucht. Den Plan von Bürgermeister Wörner, die Gründung einer städtischen Wohnbaugesellschaft zu prüfen, unterstützen wir daher gern. Mit einem eigenem Anbieter haben wir die Gestaltung der Stadt mehr in der Hand und können das Angebot besser am Bedarf orientieren.
Entgegen mancher Vorstellungen stark nachgefragt ist das eigene Haus. Auch hier müssen wir zukünftig wieder mehr Angebote machen, wenn wir die Abwanderung von jungen Familien verhindern wollen. Das muss heute nicht mehr das freistehende Einfamilienhaus mit einem großem Garten sein, das ist häufig auch nicht mehr zu bezahlen. Es gibt Alternativen, die attraktives Wohnen im eigenen Haus mit Außenbereichen auf kleineren Flächen ermöglichen. Ein gelungenes Beispiel wurde in Pfullingen schon vor Jahren zwischen Hartweg und Elsterweg gebaut.
Wie groß die Nachfrage nach Gewerbeflächen in Pfullingen ist, hat der neuliche
Verkauf einer an die Stadt zurückgefallenen Restfläche im Gewerbegebiet „Unter den Wegen“ gezeigt. Auf die Ausschreibung des Grundstücks sind mehr als 20 Bewerbungen eingegangen. Die Verwaltung hat diese Bewerbungen transparent bewertet und den Zuschlag im Einvernehmen mit dem Gemeinderat an einen Pfullinger Handwerksbetrieb erteilt. Mit den nicht zum Zug gekommenen Bewerbern wird die Verwaltung zügig Gespräche über mögliche Alternativen führen.
Das Beispiel zeigt, wie dringlich die Ausweisung von Gewerbeflächen in Pfullingen ist. Der Gemeinderat hat deswegen in seiner letzten Sitzung der Vergabe der Erschließungsplanung für das Gewerbegebiet „Unter den Wegen II“ zugestimmt. Das Planverfahren dauert mit voraussichtlich mindestens 3 Jahren allerdings viel zu lang.
An diesem Beispiel zeigt sich das Missverhältnis zwischen Anspruch und Wirklichkeit mancher Forderungen aus Gesellschaft und Politik. Von der Ausstattung der Kindergärten über die Bauleitplanung bis zur Energie- und Mobilitätswende werden zahlreiche Sachverhalte an der Realität vorbei reguliert. Umsetzung, Kosten und Lasten der oft widersprüchlichen und häufig nicht mehr nachvollziehbaren Vorschriften bleiben an den Kommunen, den Betrieben und an den Bürgern hängen. Wie oft haben wir uns in diesem Gremium schon über unsinnige Vorschriften geärgert und uns sprichwörtlich die Haare darüber gerauft. Vieles läuft nicht mehr rund und bedroht Fortschritt und Wohlstand in diesem Land. Die gegenseitige Befeuerung von überzogenen Forderungen und der politischen Fokussierung auf Wählerstimmen hat uns in vielen Lebensbereichen in eine lähmende Falle aus komplizierten und häufig fragwürdigen Vorschriften manövriert. „Komplexitätsfalle“ hat das neulich die CDUBundestagsabgeordnete Nadine Schön sehr treffend genannt. Seit auch der Bau von Windrädern, Stromtrassen und Radwegen darunter leidet, wird diese Falle auch von manchem der bisherigen Befürworter solcher Vorschriften erkannt. „Die Geister die ich rief, werd‘ ich nicht mehr los“, verzweifelt Goethe’s Zauberlehrling an seinem missglückten Experiment.
„Die Neigung ist groß, die Tatsachen aufzufordern, sich nach der Theorie zu richten“, kommentierte der frühere Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel manchen bürokratischen Regierungsplan. Wir brauchen keine ideologischen Theorien, sondern praxistaugliche nachhaltige Lösungen, die machbar, finanzierbar und ressourcenschonend sind. „Die Wirklichkeit findet in den Kommunen, bei den Bürgern und in den Betrieben statt“, appelliert der Präsident des baden-württembergischen Gemeindetags an die Bundes- und Landespolitik. Es ist sehr zu empfehlen, diese Wirklichkeit vor dem Erlass von Vorschriften und Gesetzen genau anzusehen und vor die Theorie zu stellen. Nachdem was bisher von der neuen Bundesregierung zu hören ist, ist die Hoffnung allerdings gering.
Umso mehr danken wir Ihnen, Herr Bürgermeister Wörner, für das tatkräftige und lösungsorientierte Anpacken der vielen liegen gebliebenen Aufgaben in unserer Stadt und für die gute Zusammenarbeit im Gemeinderat. Seit Sie hier sind, geht es gut voran. Sie thematisieren wie zuletzt bei der Einbringung des Doppelhaushalts auch hörbar, was den Kommunen unter den Nägeln brennt. Zusammen mit dem Team der Verwaltung, den Bürgerinnen und Bürgern und dem Gemeinderat werden Sie in Pfullingen noch viel bewegen.
Danke an die Verwaltung für die Aufarbeitung der oft komplexen Sachverhalte und für die vielen guten Vorlagen an den Gemeinderat. Einen besonderen Dank sagen wir unserem „Chef-Stadtplaner“ Meinrad Riedlinger, der am Jahresende leider in den Ruhestand geht. Lieber Meinrad, wir bedanken uns für die immer gute Zusammenarbeit und für dein großes Engagement für unsere Stadt. Dir und deiner Familie wünschen wir alles Gute. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen mit dir.
Danke sagen wir auch für die gute Kollegialität und Zusammenarbeit im Gemeinderat und mit der Presse.
Ihnen Allen wünschen wir erholsame Weihnachtsfeiertage und alles Gute im neuen Jahr.Herzlichen Dank.
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